Vor den Vorhang: Was macht ein C-Sink-Manager?

Bei Openly arbeiten Experten aus verschiedensten Fachrichtungen. Grund genug, die Kolleginnen und Kollegen in unregelmässigen Abständen vor den Vorhang zu holen und ihre Arbeitsbereiche vorzustellen. Dieses Mal stellen wir einige Fragen an Dr. Christoph Neururer, der den Bereich «C-Senken-Zertifizierung» bei Openly leitet.

Dr. Christoph Neururer, CO2-Zertifizierung, Ökobilanzierung & EU Arbeitsgruppen

Frage: Openly hat sehr erfolgreich das Pilotprojekt Valley Widnau umgesetzt, mit dem Ihr euer Konzept des «neuen Bauens» präsentiert. Kannst du die wichtigsten Eckdaten erläutern?

CN: Wir konnten mit dem Mehrfamilienhaus mit 19 Wohneinheiten eindrucksvoll die doppelte Wirkung von «nachhaltigem Bauen» unter Beweis stellen. Zum einen die erhebliche – rund 50-prozentige – CO2-Einsparung durch die Verwendung von biogenen Materialien. Andererseits ist das Gebäude auch Kohlenstoffsenke und speichert 552 Tonnen CO2 ein, die so langfristig aus der Atmosphäre entfernt werden.

Können CO2-Senken in eine Umweltbilanz aufgenommen werden, um die Gesamtbilanz eines Bauprojekts zu verbessern?

CN: Das ist möglich, wobei die Handhabung in den Ländern unterschiedlich ist. Kohlenstoffsenken können in der Schweiz in die SIA-Norm 2032 integriert werden. In Deutschland wäre das Pendant das DGNB-Label, das die Gesamtleistung eines Bau- oder Umbauprojekts beurteilt. In der Bilanzierungslogik der SIA kommt Valley Widnau auf 1.94 kg CO2 pro m2 BGF, bei der DGNB liegen wir sogar bei +/- null. Wenn man wie wir europaweit denkt, wäre es natürlich schön, wenn die Berechnungen dieselben Vorgaben hätten.

Welche beruflichen Erfahrungen und Qualifikationen bringst du für die Position eines C-Sink-Managers mit? Was motiviert dich an der Aufgabe?

CN: Ich bin Diplomingenieur und habe an der Universität für Bodenkultur in Wien studiert. Meine Promotion habe ich 2014 im Bereich «Ökobilanzen im Gebäudebereich im frühen Planungsstadium» abgeschlossen. Ich bin also schon sehr lange an diesem Thema dran. Nach dem Studium durfte ich über 11 Jahre lang Grossprojekte begleiten. Meine Motivation ist und war es immer, «Bauen neu zu denken» und CO2-Emissionen, die mit der Errichtung und dem Betrieb von Immobilien verbunden sind, zu verringern. Bei Openly bringe ich meine Erfahrung aus den zahlreichen Grossprojekten ein, wobei ich überzeugt bin, dass wir neue Ansätze in Bezug auf Materialien und Prozesse benötigen, um den Bausektor nachhaltig zu verändern.

Was sind die Aufgaben eines C-Sink-Managers?

CN: Der C-Sink-Manager nimmt eine zentrale Stellung in Bauvorhaben ein, die Kohlenstoffsenken durch die Verwendung von Biomasse wie Biokohle oder Holz realisieren. Er sorgt dafür, dass die Materialien ordnungsgemäss nachverfolgt, geprüft und zertifiziert werden, um Removalzertifikate zu ermöglichen. Zu seinen Aufgaben zählt die Überprüfung der Immobilie auf die Einhaltung von Standards, die Kontrolle der Übereinstimmung mit festgelegten Vorgaben sowie die Qualitäts- und Mengenprüfung biogener Rohstoffe. Zusätzlich bereitet der C-Sink-Manager sämtliche notwendigen Daten für das C-Sink-Register auf und reicht sie zur Registrierung ein. Durch eine umfassende Projektüberwachung sichert er sowohl Nachhaltigkeitsstandards als auch eine effektive Kohlenstoffbindung. Er stellt schlussendlich die Grösse einer C-Senke in einem Bauwerk fest.

Wie sieht die ideale Zusammenarbeit zwischen Bauherrn und C-Sink-Managers aus?

CN: Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind klare Rahmenbedingungen unerlässlich. Ein detailliertes Konzept, das Ziele und Erwartungen definiert, bildet die Grundlage. Zudem ist ein regelmässiger Austausch zwischen Bauherrn und Fachplaner entscheidend, wobei es von Vorteil ist, wenn der C-Sink-Manager möglichst früh in das Bauprojekt eingebunden ist. Persönlich suche ich nach der für den Bauherrn und Auftraggeber sinnvollsten Lösung, auch wenn das nicht immer jene ist, mit der wir die grösste C-Senke realisieren.

Wie hat sich aus deiner Sicht das Interesse und die Nachfrage nach Gebäuden aus biogenen Materialien in den letzten Jahren entwickelt?

CN: In den letzten Jahren ist das Interesse an Gebäuden aus biogenen Materialien deutlich gestiegen. Dies zeigt sich auch im grossvolumigen Wohnbau, wo die Nachfrage nach Holzbauten und hybrid konstruierten Holzgebäuden signifikant zugenommen hat. Für eine nachhaltige Transformation der Bauwirtschaft ist es entscheidend, dass Pilotprojekte skaliert werden können. Zudem müssen – ähnlich wie damals bei der Einführung von Energieeffizienzstandards – klare Vorgaben oder Anreize geschaffen werden, um positive Entwicklungen zu fördern. Ein solider Rahmen, vergleichbar mit den Energiestandards, spielt für die fundierte Bewertung von Gebäuden eine zentrale Rolle – die Voraussetzung für die Entwicklung eines funktionierenden Marktes für biogenes Bauen.

C-Sink-Manager stellen sicher, dass Gebäude wie das Openly Pilotprojekt Valley Widnau bis zu 552 Tonnen CO2 langfristig binden können.

Webinarreihe

milton.earth, OPENY und Carbon Standards International beleuchten zusammen in einer Webinarreihe die unterschiedlichen Aspekte von Gebäuden als C-Senken bzw. deren Zertifizierung.

Market & Monetization Deep Dive

Mittwoch, 18. Juni 2025 - 15.00–16.00 Uhr

Mit Claudia Feurstein, milton.earth (by Openly)

Alles über Marktmechanismen und Monetarisierungsmöglichkeiten.

Certification Deep Dive

Mittwoch, 13. August 2025 - 15.00–16.00 Uhr

Mit Dr. Christoph Neururer

Details rund um Registrierung, Dokumentation und Zertifizierung neuer Projekte.

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